On the road again
3 Tage – 3000 km
Reinhard
Offenbar sind wir das Duo mit den meisten Fehlstarts. Erinnert ihr euch? Vor zwei Jahren haben wir auf dem Weg nach Akaba in Köln zuerst den falschen Zug erwischt, der gar nicht zum Flughafen, sondern in Richtung Eifel fuhr.
Von unserem Schlammloch vor der Rundfahrt durch Jordanien haben wir euch auch berichtet. Und davon, dass wir in Bejing lange nach jemandem suchen mussten, der unser Englisch verstand. Aber egal. das war vor fast zweieinhalb Jahren. Und heute?
Heute geht es in Richtung Ankara. Mit dem Zug bis Berlin, wo auf uns der Bus nach Sofia wartet. Eine Übernachtung und dann mit dem nächsten Bus nach Istanbul. Und von dort nach Ankara. Staatsbesuch? Mitnichten. 😉 Dort warten nämlich Firoozeh und Rasool aus Shiraz auf uns! Unglaubliche 2 Jahre sind seit unserem letzten Abschied vergangen. Und nun werden wir in nur drei Tagen die 3000 Kilometer auf Schienen und Straßen geschafft haben. Wenn – ja, wenn die Anschlüsse klappen. Immerhin hatten die Regengüsse vor kurzem ganze Dörfer weggeschwemmt – und die Bahn gezwungen, Züge umzuleiten. Ahnt ihr schon was?
Wie immer hat Chrissie einen genialen Fahrplan zusammengebastelt. Jede Naht inklusive Nahtzugabe ist geplant. Schon bei den Vorbereitungen! Rucksäcke und Koffer sollten schon gestern Abend gepackt sein – wir wollten ja zum Abschied noch einen Ouzo im Dorfcafé trinken. Klappte. Später: Wecker auf 06:00 gestellt. Kurzfrühstück, Küche aufräumen.
„Zehn vor acht steigen wir in den Aufzug. Und wenn du dann nicht fertig bist …“
Was Chrissie mir konkret androhte, schreibe ich lieber nicht. Schließlich haben wir ein Strafgesetzbuch …
Chrissie
Als Pflanzenfresser muss so eine lange Anreise gut vorbereitet sein. Bereits am Vortag habe ich verschieden Salate zubereitet, Rohkost gewaschen und Obstbeutel gepackt. An diesem Morgen befülle ich noch eine Minikühlbox mit Brotaufstrichen und kleinen Päckchen Pflanzenmilch. „Kannst du noch schnell ein paar Brote schmieren?“, frage ich Reinhard. Der wirft einen fassungslosen Blick auf meine Schüsseln und Essenspakete und fragt mich entgeistert: „DAS willst du alles mitnehmen? Bist du eigentlich bekloppt?“
Ich ignoriere den Protest. „Drei Tage sind lang. Und es ist nur zu deinem Besten. Du weißt doch, wie ich bin, wenn ich Hunger habe.“
Kopfschütteln, ein Brummen … aber dann macht er sich an die Arbeit.
Reinhard
Tatsächlich! Wir stehen pünktlich vor dem Aufzug. Bepackt wie die Esel. Wir bekommen die Straßenbahn um 08:12 und landen 15 Minuten später am Bochumer Hauptbahnhof. Alles bestens. Zeit genug, um noch einen Kaffee zu trinken. Doch dann starren wir auf die elektronische Fahrplananzeige und entdecken: Unser Zug ist gecancelt! Schock? Zunächst nur ein kleiner. Immerhin haben wir in Berlin genug Zeit einkalkuliert, um in Ruhe vom Hauptbahnhof zum Busbahnhof zu wechseln. Selbst mit dem nächsten Zug …
Oje….die Bochumer „Mutti App“ verrät uns: Es wird für die nächsten Stunden keine Züge nach Berlin geben. Alle abgesagt. Leichter Panikschub.
Doch dann entdecken wir im Plan einen verspäteten Zug nach Berlin. Ursprünglich sollte er eine gute halbe Stunde vor unserem ICE starten. Glück muss der Mensch haben! Ich kann sogar noch eine rauchen, bevor wir einsteigen.
Im Moment verlassen wir schon Hannover. Und sitzen bequem im Speisewagen, pardon: „Bordrestaurant“. So ein eigener Tisch hat was. Man kann bequem schreiben, reden nach draußen.schauen. Die Küche ist zwar dicht, aber am Schalter gibt es immerhin Kaffee. Vor 30 oder 40 Jahren habe ich gerne im Speisewagen gesessen. Von Bochum bis Stuttgart oder Hamburg lernte man interessante Leute kennen. Da stand auf jedem Tisch noch ein Aschenbecher. Und die Leute redeten noch miteinander. Jetzt sitzen alle für sich … Aber lassen wir das. Bin gespannt, ob wir in Berlin gut durchkommen.
Chrissie
2 Stunden Zeit in Berlin, bis unser Bus am Berliner ZOB abfahren soll. Union Ivkoni heißt die Gesellschaft. Vorher noch die geschmierten Brote und einen Sojacappucino vorm Bahnhof. Reinhard zupft die Plastikkappe von seinem Becher. „Mist, die Deckel hätte ich ablehnen sollen.“
„Pass auf“, sage ich. „Der Tisch ist wackelig.“
Augenrollen von Gegenüber. Doch dann genießen wir das Kaffeegebräu und die Sonnenstrahlen. Mit geschlossenen Augen sitze ich entspannt in den Stuhl gelehnt, bis ich ein Fluchen höre. „So ein Mist.“
Augendeckel wieder auf. Ich sehe Milchkaffee. Überall. Auf dem Tisch, auf dem Boden, auf Reinhards hellblauem Hemd, seiner Jacke und Hose.
Keine Servietten in Sicht. „Na toll“, ärgert sich Reinhard und verschwindet aufs Klo, um die Brühe auszuwaschen: Mit wenig Erfolg!
Der befleckte Reinhard hat jetzt weder Lust auf ein Foto für den Blog noch auf einen zweiten Cappuccino. Deshalb fahren wir sehr zeitig zum ZOB. Um 14:15 Uhr sind wir dort. Um 15:00 Uhr soll der Bus losfahren. Aber von welchem Gate?
Es gibt ca. 30 Stück. An einigen stehen schon Busse. Informationsschalter gibt es nicht. Am Ende des Busbahnhofs steht eine große Tafel mit allen Abfahrten. Union Ivkoni fährt nur 1 x am Tag um ….. Diesmal bin ich elektrifiziert. Um 14:20 Uhr????
Ich weiß gar nicht, was ich zuerst machen soll. Meine Unterlagen erneut prüfen? Zu Reinhard rennen oder doch lieber panisch alle Schilder der Busse, die an den Gates stehen auf ihre Ziele hin abgleichen?
Ich entscheide mich für Reinhard. Zu zweit sucht es sich schneller. Schnell zurückgejoggt, Situation geschildert. Reinhard wird blass. Auf der Tafel stand Gate 27. Dort fährt gerade ein Bus ein. Ziel: Prag.
Kann er das sein? Immerhin fahren wir auch durch Tschechien. Wir fragen einen der Wartenden. Er schüttelt den Kopf. Hat er uns nicht verstanden oder fährt der Bus nicht nach Sofia?Besser, wir fragen den Busfahrer. Der antwortet uns in seiner Landessprache. Ein paar Fetzen versteht Reinhard offenbar. „Das ist nicht unser Bus.“
Puh, denke ich. Gut, dann habe ich Zeit, die Abfahrt online nochmal zu prüfen. „Alles gut, Abfahrt ist 15:00 Uhr.“ Beim Gate rätseln wir noch, denn der nächste auf dem Monitor vermerkte Bus am Gate 27 fährt erst um 16:00 Uhr und auch nicht nach Sofia.
„Dann halten wir einfach die Augen auf, was hier einfährt. Es müsste ja Union Ivkoni auf dem Bus stehen. So viel Betrieb ist ja nicht.“
Reinhard stimmt mir zu. „Wir haben ja auch noch Zeit. Gibt es hier Kaffee?“
Gibt es nicht. Auch kein Wasser. Wir kommen uns fast vor, als stünden wir wieder an einem staubigen Busbahnhof in Indien. Nur größer, sauberer und ohne Ratten. „Wie gut, dass wir wenigstens frisches Obst dabei haben“, sage ich grinsend zu Reinhard, der sich im Verlaufe der nächsten Tage nie wieder über eine zu große Reiseproviantbevorratung beschwert hat. 😉
Es wird 15:00 Uhr. 6 Fahrzeuge haben wir bisher gezählt. Die meisten im Auftrag von Flixbus. Ukraine, Montenegro, Kroatien … aber kein Bus nach Bulgarien. Um 15:30 Uhr werden wir nervös. Ist die Fahrt vielleicht wegen Hochwassers abgesagt? Auf der Webseite unseres Busunternehmens finden sich keine Hinweise. Das Schild an unserem Gate zeigt weiter nur den Bus um 16:00 Uhr an.
Union Ivkoni hat keinen Livechat, stelle ich fest. Nicht mal eine deutsche Niederlassung, bei der man sich melden könnte oder einen WhatsApp-Support. Für eine Information hätte ich sogar den verhassten Messenger wieder installiert. Um 15:50 Uhr rufe ich das Office in Bulgarien an. Erst eine bulgarische Durchsage, dann „If you like to change to English, press 1.“ Das tue ich. Besetzt. Zweiter Versuch – gleiches Spiel.
Ich probiere es mit der zweiten Nummer, die auf der Webseite als Kontakt angegeben ist. Zeitgleich fährt der 16:00 Uhr Bus ein.
Die Dame am anderen Ende hört sich meine Sorgen an und checkt dann den Aufenthalt unseres Busses. „The driver is in Potsdam.“ In einer halben Stunde etwa sollte er eintreffen, erklärt sie mir.
Wir sind unendlich erleichtert, als wir um 16:45 Uhr den Bus mit dem grau-weißen Firmenlogo einfahren sehen.
Doch als wir kurz danach unsere Sitzplätze sehen, fühlen wir Ernüchterung. Für wen sind die denn gemacht? Für Kinder? Für Bulimiekranke? Oder war das mal ein Clubfahrzeug für den Kegelverein SV Elfe? Nein, von Beinfreiheit kann man hier im Ansatz nicht reden. Mir fallen die schrecklichen Tiertransporte ein, die ich neulich in einem Video von PETA gesehen habe.(Wobei wir zwar genau so lange unterwegs waren wie die armen Viecher, aber wenigstens ausreichend Wasser und Klimatisierung im Bus hatten)
Reinhard sucht derweil vergeblich ein WC im Reisebus. Wir schauen uns an und wissen, was der andere denkt: Damit sollen wir die nächsten 26 Stunden fahren?
Von Corona hat offenbar auch noch niemand was gehört, der in diesem Bus sitzt. Der beim Buchen noch leere Bus ist schon jetzt gerammelt voll. Die Maskentragepflicht scheint aufgehoben. Wir ergeben uns in unser Schicksal. Immerhin sind wir beide zweimal geimpft. Ändern können wir die Situation nicht.
Reinhard
Wir sind damit gefahren – und nach 28 Stunden angekommen. Das Wie ist eine andere Frage. Wobei ich klarstellen möchte: In echter Gefahr sind wir nie gewesen. Aber …
Beim Start stellen wir fest: Der Bus kommt gerade aus Hamburg, aber der freundlich Fahrer sieht nicht mehr ganz frisch aus. Rund wie ich in den besten Zeiten steht ihm der Schweiß auf der Stirn und seine Hände zittern nervös, als er dIe Aufkleber für das große Gepäck (2 Rucksäcke, 1 Koffer) verteilt. Ein Beifahrer hilft ihm, alles im Laderaum zu verstauen. Wie lange er wirklich am Steuer gesessen hat, bleibt ein Geheimnis.
Bis Leipzig trägt während der Fahrt eine Mitfahrerin unsere Daten per Hand in eine neue Liste ein: in kyrillischer Schrift. In dem schwankenden Bus eine Meisterleistung. In Leipzig geht es nicht zu einem fröhlichen Umtrunk in „Auerbachskeller“, sondern in eine unscheinbare Parkbucht, wo zwei kräftige Männer das Fahrerteam ablösen. Und dann geht es mit Schmackes los.
Nächste Ziel: Prag. Den Weg parallel zur Elbe hatte ich anders in Erinnerung und auch von den Schönheiten des Erzgebirges ist kaum noch etwas zu sehen. Die Planer haben eine schmucke Autobahn brutal durch die Berge gekloppt – Kilometer lange Tunnel führen auf kürzestem Weg zum Ziel.
Neue Passagiere werden aufgenommen, Zeit für zwei Zigaretten. Als Chrissie Sekunden zu spät vom WC zurückkommt, kassieren wir den ersten Anraunzer. Natürlich auf Bulgarisch …
Die weiteren Male, die wir ein dringendes Bedürfnis anmelden, werden einfach mit einem No abgeschmettert. Teilweise 5 Stunden Fahrt ohne Pinkelpause sorgen dafür, dass wir lernen, den Blasenschmerz wegzuatmen. Dagegen tritt sogar der Rückenschmerz aus der Massentransportenge zurück.
Grenzkontrollen sind seit dem Schengener Abkommen eine Rarität geworden. So unsichtbar wie die Grenze nach Tschechien war, bleibt sie auch beim Wechsel in die Slowakei und nach Ungarn. Aber dann: Die ungarischen Behörden interessieren sich plötzlich dafür, wer das Land verlässt. Für die Passkontrolle müssen wir aussteigen. Am Schalter geht es flott, aber die Interessenten an einer sauberen Toilette werden – wie alle anderen auch – zu Fuß zu den Serben geschickt. Die Klosetts dort sind im Wortsinne ungepflegt und beschissen. Chrissie schüttelt den Kopf: „Da gehe ich nicht drauf.“
Die wenigen Schritte über die Grenze erledigen wir schneller als unser Bus – denn dort hat sich ein Autochaos gebildet, wie ich es seit dem Übergang aus dem Iran in die Türkei nicht mehr erlebt habe. Einen halben Kilometer oder noch länger weit stehen die PKWs kreuz und quer auf und zwischen den fünf oder sechs Spuren, die fleißige Hände akkurat auf den Asphalt gemalt haben. Unser Fahrer schiebt sich über den Standstreifen langsam nach Serbien hinein, aber wir sind nur der dritte Bus in den Schlange. Ab und zu läuft ein Polizist mit einem Zettel über die Fahrbahn und verschwindet wieder in irgendeinem Büro.
Endlich werden wir auch unsere Pässe los. Ein Beamter verschwindet mit ihnen in einem Flachbau – und dort scheint er erst mal geruhsam einen Tee zu trinken. Offenbar werden die Dokumente dort per Hand in Schönschrift aufgelistet …
Um es kurz zu machen: Wir brauchen weit über zwei Stunden, um endlich starten zu können – deutlich schneller als die bedauernswerten Reisenden in den privaten PKWs.
Als wir endlich glauben, es gehe jetzt mit Tempo weiter, haben wir uns geirrt. Vor einer Mautstation bilden sich erneut wilde Fahrzeugknäuel. Und als alle durch sind, kommt eine Fahrbahnverengung. Baustelle. Und kaum sind wir auf freie Strecke, greift sich die serbische Polizei die Raser ab. Der Staatshaushalt freut sich.
Stunden später wieder holt sich das Chaos an der Grenze nach Bulgarien. Dort müssen wir auch unsere EU-Impfausweise vorzeigen – eine junge Frau scannt sie der Reihe nach in ein iPad, das offenbar ihr selbst gehört – wie man zwischendurch auf dem Display erkennen kann.
Alles überstanden. Mitnichten. Das Chaos dort ist noch größer. Da greift unser Fahrer zu einem Partisanentrick: Er taucht zunächst auf einer Nebenstraße in Richtung Dorfmitte ab und und fährt parallel zu dem auf der Autobahn vor sich hinkeuchenden Lindwurm aus Blech. Nach einigen 100 Metern führt eine schmale Straße schräg zur Autobahn zurück – genauer gesagt: Sie führt, wie das Einbahnstraßenschild verrät, von oben ins Dorf. Sie ist so leer wie ein Straßenstrich im Morgengrauen – und schon rast unser Reisebus hinauf. Oben steht nach wie vor der offizielle Stau – aber wir haben einen halben Kilometer gewonnen. Und jetzt?
Der Beifahrer steigt aus, stellt sich mit ausgebreiteten Armen auf die erste Spur und dirigiert mit lautem Schreien einen Pkw um einen halben Meter nach vorn und einen anderen bis zur nächsten Stoßstange zurück – und schon hat unser Bus die erste Reihe überwunden.
Und unser Fahrspur-Dirigent? Mit den Gesten eines Schlachtenlenkers erobert er eine Fahrspur nach der anderen. Jeder Protest von Seiten der Autofahrer, die genötigt werden Platz zu machen, wird empört niedergemotzt. Das macht er fünf Minuten. So lange dauert es, bis wir auf der rechten Seite einen Platz weit vorn in der Schlange besetzt haben. Wieder mindestens eine halbe Stunde gewonnen! Mittlerweile erkennen auch wir, dass seine resolute Methode Vorteile hat und der Anraunzer von Prag ist vergessen.
Alles? Nee. Nach den Grenzkontrollen ist Sofia nur noch weniger als 50 km entfernt. Aber: Das Ministerium für Straßenbau hat, offenbar zur Förderung des Tourismus, beschlossen, die schmale Straße hoch zur nächsten Autobahn zu verbreitern. Zehn Kilometer auf einmal. Auf dem einen Abschnitt hat man bereits die Felsen gesprengt auf dem nächsten liegt schon Kies, auf dem dritten werden noch Abwasserrohre verlegt, auf dem vierten hat der deutsche Konzern Strabag die Hälfte seiner Baggerflotte geparkt. Resultat: Zehn Kilometer Einspurigkeit, von automatischen Ampeln geregelt. Schließlich ist ja Sonntag, die Bauarbeiter genießen das Wochenende und die Ampeln verteilen die Rot- und Grünphasen gerecht in beide Richtungen. Schön? Klar. Nur: Für 30-40 Fahrzeuge, die nach Sofia wollen, will höchstens eins von dort zur Grenze. Kaum sind acht oder neun Wagen nach oben in Marsch gesetzt, wartet man viele Minuten vergebens auf Gegenverkehr. Wir ahnen, dass das eine lange Nacht wird.
Irgendwann verlässt unseren Fahrer die Geduld. Wie wir sehnt er sich auch nach einem Bett. Schließlich sitzt er seit Leipzig fast ununterbrochen am Steuer. 26 Stunden lang.
Nun denn: Kaum flammt vor uns wieder der rote Punkt auf, wechselt er in den Gegenverkehr und rast and der Kolonne vorbei. 100 Meter, 200, einen halben Kilometer …
Mit angehaltenem Atem spähen wir nach vorn. Verdammt noch mal – was macht er bloß, wenn uns hinter der Straßenkuppe eine Blechkiste entgegenkommt? Neben uns hätte bestenfalls noch ein Mopped Platz. Teufel, Teufel!
Doch alles geht gut. Eine gute Stunde später haben wir unser gemütliches Hotelzimmer bezogen, am nächsten Tag Istanbul erreicht und sitzen jetzt im Bus nach Ankara.
Der jetzige Fahrer sieht grundsolide aus und fährt so brav wie ein Engel. Aber den Kollegen von der Sofiatour werden wir so schnell nicht vergessen. Ich habe ihn zum Abschluss gefragt, wie er es schafft, 28 Stunden am Steuer zu sitzen? Er winkt nur grinsend ab. Und ich konnte mir den folgenden Satz nicht verkneifen, „So, wie Sie fahren, wären Sie auch ein guter Partisan geworden!“
Er grinst – und wir geben uns die Ghettofaust.
Chrissie
Kleiner Nachtrag. So smart, schnell und schön der Abschnitt bis nach Istanbul auch war … die Fahrt von Istanbul nach Ankara empfehlen wir in dieser Form nicht zur Nachahmung.
Nur so viel: Start mit einem der tausenden Busunternehmer vom gigantomanischen Istanbul Terminal um 20:30 Uhr, geplante Ankunft um 0:30 Uhr, tatsächliche Ankunft am Busbahnhof um 04:30 Uhr. Die Müdigkeit sitzt auch jetzt noch so tief in den Knochen, dass wir uns nicht aufraffen können, genauer zu beschreiben, was die Gründe diesmal waren.
Fest steht: Ohne unsere iranische Familie am Zielort würden wir vermutlich jetzt noch ein Taxi suchen, das um diese gottvergessene Uhrzeit herumgeistert, um uns Touri-Idioten für den 20fachen abzuschleppen. Rasool und Firoozeh haben wie Engel über uns gewacht. Sie sind so lange wach geblieben und haben sich um unseren sicheren Transport zum Hotel gekümmert, bis wir sicher in unseren Betten lagen. Dankbarkeit lässt sich nicht messen.
Wie das Wiedersehen dann nach fast zwei Jahren war, erfahrt ihr beim nächsten Mal. Aber eines können wir euch jetzt schon verraten:
Diesmal hat sogar Reinhard geheult – und der gehört erwiesenermaßen nicht zu den sentimentalen Heulsusen.
4 thoughts on “On the road again”
Hallo ihr beiden,
lese eure Bericht immer ganz fasziniert, toll, dass ihr wieder unterwegs seid!
@Reinhard: Einen Kommentar kann ich mir nicht verkneifen: Die Strabag ist ein österreichisches Unternehmen, Hauptsitz ist Wien. 🙂
Viel Spaß euch und gute Reise!
Florian, besten Dank für deinen Kommentar. Strabag – ja. Die sind ja auch in Deutschland aktiv. So habe ich mir beim Tippen im schwankenden Bus die Recherche gespart. Wie so oft: Faulheit wird bestraft. Kennen wir ja. Asche auf mein kahles Haupt – und liebe Grüße in die Heimat!
Ihr Lieben,
es geht wieder weiter mit „Rucksack und Rentner“!
Das ist ein toller Reisebericht als Inspiration, die Strecke nach
Ankara einmal anders zu bewältigen, nicht ganz einfach, aber spannend!
Immerhin geht es darum, Eure lieb gewonnenen Freunde aus Shiraz wiederzusehen! Ja, dann ist es endlich soweit! Emotionen pur!
Wir freuen uns schon auf Euren nächsten Blogeintrag und sind gespannt auf Eure gemeinsamen Erlebnisse mit Firoozeh und Rasool.
Weiterhin viel Spaß zusammen mit vielen Grüßen aus der Heimat!
Hallöchen, ihr Zwei
wir mussten etwas schmunzeln, weil wir eher den Eindruck haben, andere mit dieser Reisebeschreibung eher abzuschrecken als zu inspirieren. 😉
Aber es ist tatsächlich so. Jeder unbequeme Kilometer war es wert gefahren zu werden für das, was wir hier erleben und an einander haben.
Wie lange es bis zum nächsten Artikel dauern wird, können wir allerdings noch nicht sagen. Euch eine gute Zeit und bis bald!