Flower Power auf Borneo
Reinhard
„Sex and drugs and Rockn‘ Roll!“ Oder: „Make love, not war!“ Schon mal gehört? Die großen Slogans am Ende der verkrusteten und verklemmten Zeiten in den 60ern? Habe ich erlebt – aber nicht so hautnah, wie manche Leute es jetzt wohl glauben möchten. Denn „wir“ hatten damals Wichtigeres vor, wie es meinen Freunden und mir erschien. Wir wollten Revolution machen. Hat nicht ganz geklappt – auch wenn sich in unserem Land wirklich eine Menge bewegt und verändert hat. Aber so manchmal überlegt man, ob man nicht doch hin und wieder ein wenig zu verbohrt und verbiestert war.
Wie ich darauf komme? Ganz einfach: Fast eine ganze Woche bleiben wir im „Dragon Pearl Beach Resort“ an der Westküste von Borneo.
Hört sich vornehm an, aber da fährt kein Benz und kein Ferrari vor. Nicht mal ein VW-Bus, sondern höchstens ein Grab-Taxi aus dem nächsten Küstenstädtchen. (Siehe Wir töten keine Taxifahrer)
Sonne, Strand, mit der Sonne aufwachen, aber nicht mit den Hühnern ins Bett. Musik, Bierchen, leckeres Essen am Büdchen – und jede Menge interessanter und sympathischer Leute.
Hätte es hier den Posten eines Alterspräsidenten gegeben – gegen mich hätte kein anderer Mensch eine Chance gehabt. Dennoch fühle ich mich hier ein halbes Jahrhundert jünger, auch wenn ich auf das romantische Baumhaus dankend verzichtet habe. Nachts die Leiter rauf und runter, wenn die Blase sich meldet – womöglich nicht mehr ganz nüchtern … Nein, man muss das Schicksal nicht herausfordern.
Hier in diesem Resort entspanne ich zum ersten Mal seit Beginn der Reise richtig. Baden, lesen, faulenzen, auch mal den Blog vergessen.
Das fällt nicht schwer, denn unsere Sim-Karte funktioniert hier genauso gut wie auf Kuba. Nämlich gar nicht. Und wozu auch? Spätestens beim Sonnenuntergang finden an den Tischen unter freiem Himmel kleine Gruppen zusammen: „Were are you from?“
„Germany! And you?“
Von überall her.
Chrissie
Gleich am ersten Abend lernen wir auf diese Art Mary-Eve kennen. Sie ist eine bildhübsche Kanadierin Mitte 20. Mit ihren langen blonden Rastazöpfen, dem bauchfreien Top und dem schwingenden Rock scheint sie per Zeitreise direkt aus der Flower-Power-Zeit hier gelandet zu sein. Mit einem breiten Lachen lädt sie Reinhard und mich an ihren Tisch ein.
Dort unterhalten sich bereits zwei junge Männer. Der eine sitzt etwas steif und hat offenkundig asiatische Wurzeln. Er stellt sich als Oliver vor.
Der andere junge Mann hat wilde schwarze Locken und fläzt bequem mit ausgestreckten Beinen auf der Bank. Sein Name ist Seth, und er stammt aus Australien. Aus seinem Handy tönt die Stimme von Bob Dylan. Spätestens jetzt ist klar, dass wir im richtigen Ort sind.
Am nächsten Morgen reisen die Jungs ab. Mary und wir kommen ins Gespräch. Heute, fern des bierseligen Abends, zeigt sie uns ein anderes Gesicht. Ein trauriges. Ich frage nach und wir erfahren, dass vor Kurzem ein Cousin von ihr Suizid begangen hat. Es ist ein intensiver Tag. Wir sitzen am Meer, schauen in die Wellen. Wir trinken Bier, sehen den Kindern der Resort-Betreiber beim Spielen mit den Hunden zu, unterhalten uns über die tückische Krankheit namens Depression. Nicht nur ihr Cousin ist betroffen. Auch ihr Bruder … und sie selbst. Seit vielen Jahren schon. Sie macht sich Vorwürfe.
„Ich bin so selbstsüchtig. Weil ich gegangen bin und er nun allein ist.“
“Kannst du ihm denn wirklich eine Hilfe sein, wenn es dir selbst nicht gut geht?.“
“Ich bin die einzige, die ihn wirklich versteht. Und jetzt ist er allein..“
Die Hunde bellen, das Wasser rauscht. Reinhard geht rauchen.
Ich erzähle Mary, dass auch ich jemanden in der Familie habe, der an schlimmen Depressionen leidet. Wie das Familiengefüge sich dadurch verändert. Wie wichtig es ist, dass Betroffene Hilfe von Außerhalb erhalten, und wie essentiell es ist, diesen Zustand als Krankheit zu erkennen und zu behandeln. Viele tun das auch im Jahr 2019 noch nicht. Betroffene berichten häufig, dass sie Sätze wie diese hören:
„Du musst dich einfach etwas zusammenreißen.“
„Du hast doch alles, was du brauchst, um glücklich zu sein.“
„Kopf hoch. Das ist bestimmt nur eine Phase.“
„Ich war auch mal ganz lange schlecht drauf.“
„Anderen geht es viel schlechter.“
Die Übersetzung dieser „Weisheiten“ ist leider immer die Gleiche: „Ich erkenne dein Problem / dein Leiden nicht (an).“
Mary erzählt. Ich erzähle. Wir verstehen uns. Es ist eine traurige Nacht. Und dennoch ist es auch eine gute Nacht. Die Nacht, in der wir beschließen, dass wir länger bleiben als geplant.
Reinhard:
Am übernächsten Tag bringen wir den Mietwagen weg und kehren mit Hani, der mutigen Taxifahrerin zurück. Für ein Bad im Meer reicht nach dem Abschied von ihr das Licht nicht mehr, aber dafür sind schon wieder zwei neue Gäste angekommen. Es sind Emily und Jack, ein Paar aus England. Beide waren unzufrieden mit ihren Jobs und haben gekündigt. So sind sie frei, um von ihren Ersparnissen einige Monate reisen zu können. Als er aus dem Taxi steigt, stockt mir im ersten Moment der Atem: ein riesiger Kerl, breitschultrig, muskelbepackt, dunkler Teint, der Schädel poliert wie eine Billardkugel, ein schwarzer Bart, um den ihn jeder Muslim beneiden würde – und eine große blonde Frau mit weichen Zügen und lockigem Dutt.
„Guck mal, der sieht fast aus wie ein IS-Kämpfer, der sich hier verstecken will.“
„Du spinnst!“, kommentiert Chrissie schlicht.
Recht hat sie. Am nächsten Tag lernen wir die beiden kennen.
Mary-Eve ist phänomenal. Sie hat schon Kontakt geknüpft und winkt uns, wie am ersten Abend, hinzu. Die Neuankömmlinge stammen aus London und aus Manchester. Ich wittere die Chance, einen Fußballfan zu finden, mit dem ich über meine Lieblingssportart reden kann, aber daraus wird nichts. „Soccer? Nein. Ich bevorzuge Rugby!“ Als wir später doch nochmal über Sport reden, breitet er seine langen Arme aus : „Was hätte ich damit anfangen sollen?“
„Fußballtorwart! Du hast eine Figur wie Neuer. Wenn der sich ins Tor stellt und die Arme ausfährt, hat jeder Stürmer Probleme, noch ein Loch für den Ball zu finden.“
„Zu spät“, sagt er und schaut zu zwei seltsam vermummten Frauen hinüber, die auf dem Platz für Sauberkeit sorgen. Mit ihrer Religion hat dieses Kostüm aber nichts zu tun.
„Ich habe sie danach gefragt“, sagt Jack. Eine hat ihm gestanden: „Es ist wegen der Sonne. Wir wollen auch eine weiße Haut bekommen. So wie deine.“
Er knackt noch eine Dose Bier, trinkt einen Schluck und lächelt: „In England würde niemand behaupten, dass meine Haut weiß ist. Jeder sieht sofort, dass ich indische Wurzeln habe.“ Emily erzählt von den Turbulenzen, die es gab, als sie Jacks Familie vorgestellt wurde. Dass sie keine indischen Wurzeln hat, gefiel nicht allen. „Als ich zum ersten Mal Jacks Großmutter begegnet bin, habe ich sie ganz lieb begrüßt. Sie hat sich weggedreht und getan, als sei ich nicht vorhanden.“ Sie guckt Jack an, als sollte er bestätigen. Der nickt und antwortet diplomatisch. „Ja, meine Großmutter ist sehr eigensinnig. Aber sie ist auf ihre Art auch eine bemerkenswerte Frau.“
Später geht es um Politik. Über US-Präsidenten müssen wir gar nicht lange reden. Emily erinnert sich lachend an das im Internet verbreitete Fake-Foto, auf dem ein Bodyguard die Queen fragt: „Und was ist mit Mr. Trump, Ma’am?“ Und die Queen antwortet: „Lassen Sie es wie einen Unfall aussehen.“
Wer es sehen will, klickt hier 😉 – James Bond und die Queen
Jack erweist sich bei allen Themen als umfassend informierter und gebildeter Mann. Beim IS hätten die ihn schon deshalb gar nicht haben wollen … 😉
Mary, die beiden Engländer, zahlreiche andere – eine bunt zusammengewürfelte Truppe, in der alle sehr unterschiedlich sind und dennoch ähnlich ticken. So friedlich und menschlich wie in dieser Bucht müsste es überall auf der Welt zugehen.
Chrissie:
Wir sind faul wie sonst was. Eigentlich wäre die Zeit am Dragon Pearl Beach perfekt, um unseren Schreibrückstand aufzuarbeiten. Aber immer kommt überraschenderweise etwas dazwischen. Hunger, Durst, Müdigkeit. Zu heiß, zu nass, zu ausgepowert. Kurzum: lauter faule Ausreden, um nicht zu arbeiten. Wir genießen sie alle. Ja, und manchmal gibt es wirklich gute Gründe, nicht zu schreiben. Siehe Der Rentner räumt auf – Beach Cleanup Borneo
Morgen, Mittag, Abend. Regen, Wolken, Sonne. Wir leben in den Tag hinein. Es ist der 05.06., der zweite Festtag nach Ramadan. Abends sitzen wir in großer Runde bei einem Bier zusammen. Mary ist heute sehr still. Ich weiß, dass sie in der letzten Nacht lange mit ihrem Bruder telefoniert hat, und leide mit ihr. Was für eine Last auf ihren Schultern drückt, ist nur schwer vorstellbar. Sie hat meinen vollen Respekt.
Während die Sonne das Meer rot leuchten lässt, hören wir weiter hinten auf dem Wiesenplatz Gitarrenmusik und Gesang. Zahlreiche Menschen verschiedenen Alters stehen und sitzen unter einem Unterstand und feiern etwas, wie es scheint. Hat das etwas mit dem Ramadan zu tun? So habe ich mir das nicht vorgestellt. „Ich geh mal gucken“, sage ich zu den anderen.
Es soll eine eine Stunde dauern, bis ich zurückkehre. Ich stehe einige Meter in respektvollem Abstand zu der Gruppe und lausche den harmonischen und fröhlichen Klängen – viele Melodien sind mir aus Europa vertraut.
Diese Gemeinschaft gefällt mir, und das sieht man mir wohl an. Denn eine kleine Frau mit Pagenschnitt kommt auf mich zu. Es ist Remedios, eine Predigerin, verheiratet, ein Kind. Sie reicht mir die Hand.
„Komm ruhig näher“, sagt sie auf Englisch. „Du bist uns willkommen.“
“Oh, das ist sehr nett. Aber nein“, wehre ich ab. „Ich mag lieber von hier aus zuhören. Ich will nicht stören.“
Nun sind auch andere auf mich aufmerksam geworden. Einige aus der Gruppe sehen die Bemühungen der Predigerin und deuten auf einen freien Stuhl, der mit großer Sicherheit gerade noch besetzt war. Remedios‘ Mann, ebenfalls Prediger, kommt hinzu. Sie wollen wissen, ob ich Christ bin.
Ohne lang nachzudenken, rutscht mir ein „Ja“ heraus und ich bin überrascht von meiner Antwort. Bin ich das denn? Kann man Christ sein, ohne an Gott zu glauben? Reicht es, wenn man versucht, die „christlichen Werte“ zu leben? Ich nehme mir vor, das später mit Reinhard auszudiskutieren, wenngleich ich die Antwort zu kennen glaube. Aber nun ist es gesagt und es fällt mir zu schwer, dies wieder zurückzunehmen. Remdios sagt, dass sie für mich beten wird. und lächelt. Ich bin gerührt und erschrocken gleichzeitig. Sie und ihr Mann wollen wissen, ob es Menschen gibt, für die sie beten sollen. Es scheint mir, als sei es Ihnen sehr wichtig, mir auf diese Weise etwas zu schenken. Und sei es nur ein Stück Hoffnung, das jeder von uns gelegentlich braucht.
Die Gruppe hinter mir stimmt das nächste Lied an. Und ich denke: Warum nicht? Schaden kann es nicht. Also sage ich: „Ja, vielen Dank. Für meine Eltern. Beide sind krank.“
Ich soll ihnen genau erklären, was los ist. Wie meine Eltern heißen, worin die Krankheiten bestehen. Als die Bestandsaufnahme abgeschlossen ist, bittet mich Remedios, die Augen zu schließen und hält meine Hände. Oje, was passiert jetzt?
Gemeinsam beten die beiden in Bahasa, der Spache Malaysias, und ich komme mir vor wie die größte Hochstaplerin aller Zeiten. Ich sehe beim Blinzeln, dass jemand ein Foto machen will. Wie mag das hier gerade wirken? Die Situation ist surreal, etwas peinlich und doch auch unfreiwillig komisch. Warum passieren mir solche Sachen?
Trotzdem freue ich mich auch über dieses Erlebnis. Eine christliche Truppe in einem muslimischen Resort, Menschen, die auf Miteinander statt auf Gegeneinander setzen. Und wer weiß? Vielleicht geht der eine oder andere gute Wunsch ja in Erfüllung, der an diesem und anderen Abenden ausgesprochen wird.
Reinhard:
Nach dieser langen Auszeit verlassen wir unser Paradies, um ein anderes zu besuchen: das Rettungsresort für Sonnenbären und Orang Utans in Sepilok, nahe Sandakan. Amelie und Jack wollen einen Tag später nachkommen, Mary fährt mit uns. Unsere kleine Strand-Familie wird bald wieder vereint sein.
Der nächste Fernbus dorthin fährt ab Kota Kinabalu. Wir steigen extra früh in ein Sammeltaxi, um den Bus um 12.30 h zu bekommen – dann wären wir mit dem letzten Tageslicht da. Doch in KK sieht es nicht gut aus: Der Mittagsbus und der um 16.00 h sind bereits ausgebucht. Wir bekommen gerade noch drei Plätze um 20.00 h.
Am Busterminal herrscht das übliche Chaos: Hunderte von Menschen warten auf einen Transport. Die Billigrestaurants in der Nähe sind überfüllt und die Gerüche verheißen kein Sternemenü. Chrissie entdeckt per App ein gutes Café-Restaurant in 800 Metern Entfernung. Wir ziehen mit Sack und Pack los. Mary muss besonders viel schleppen: Ihr Rucksack ist mit zwei Seitentaschen doppelt so schwer wie das, was Chrissie oder ich schleppen. Aber sie ist verdammt zäh.
Als wir so beladen das feine Restaurant betreten, brechen da nicht gerade Jubelstürme aus. Aber die Kellner/innen wahren die Contenance. Mit Kaffee, Kuchen und ein paar kleinen Häppchen quälen wir uns und sie über die nächsten sieben Stunden.
Chrissie:
Langeweile ist für mich tödlich. Und die Warterei nervt. Unten beim Eingang habe ich ein Schild gesehen, mit der Aufschrift „Casino“. Vielleicht kann ich da für kleines Geld ein wenig Zeit totschlagen?
Als ich das Foyer betrete, geht ein Raunen durch den Korridor. Das liegt allerdings nicht an meiner nicht angemessenen Bekleidung. Wie es scheint, bin ich die erste Person, die heute das Etablissement betritt. Eine Langhaarige im hübschen roten Mini-Kostüm zeigt mir alles, was es zu sehen gibt. Ich staune. Kasino? Ernsthaft? In jeder deutschen Kneipe stehen mehr Automaten als in diesem luxuriösen „Casino“. Es gibt genau drei Räume, die allesamt gleich möbliert sind. Spiegel, Hocker, Couch – und exakt ein Automat.
Ich erfahre, dass 50 MYR (ca. 10 Euro, also nicht wenig Geld für dieses Land) der minimale Einsatz sind. Getränke wie Kaffee und Softdrinks seien frei während des Spiels. Why not? Ich zahle und nehme mir vor, ein bis zwei Stunden auf dem Vorvater der computergesteuerten Automaten zu spielen, vielleicht sogar mit kleinem Plus rauszugehen, wenn ich genug Kaffee in mich reinschütte. Haha! Schenkelklopfer. Üblicherweise hat man an solchen Automaten etliche Spiele zur Auswahl. Nicht an diesen: ein Automat, ein Spiel.
Üblicherweise kann man auch auswählen, wieviele Linien man auf den Cyberwalzen spielen kann. Ich halte es für Dummheit meinerseits, dass ich nur den 60fachen Minimaleinsatz zur Auswahl habe. Ich läute nach der Dame in Rot. „Nein, das ist der kleinste Einsatz. Aber mit diesem Knopf kann man den Einsatz pro Linie noch erhöhen.“ Nein danke. Mein Kaffee kommt und ich kann exakt dreimal den Knopf drücken. 3 x 15 MYR. Shrink! Weg ist das Geld. Und da ich keine Lust habe, den Kaffee allein in dieser eleganten Deprivationskammer auszuschlürfen, lasse ich auch den stehen. Ich verlasse den Raum und will gehen.
Da kommt wieder Leben in die Bude. Alle Mitarbeiter der Stunde wollen ein Selfie mit mir machen. Ich muss lachen, als auch die Chefin in Blümchenbluse aus ihrem Büro gerannt kommt, um sich in Position zu bringen. Mehrere Handys, mehrere Fotos. Quid pro Quo. Eine der Damen muss sich opfern, um mit meiner Kamera ein Bild zu schießen.
Die Aktion hat immerhin insgesamt 20 Minuten Kurzweil gebracht. Aber trotzdem frage ich mich auch jetzt noch, welcher lebensfremde Traumtänzer sich dieses Kasinokonzept ausgedacht hat.
Reinhard:
Pünktlich um viertel vor acht sitzen wir in unserem Bus. Vor uns liegt eine Fahrt von mehr als sechs Stunden.
Was draußen vor den Fenstern vorüberzieht, sehen wir in der Dunkelheit zum Glück noch nicht: die schlimmste Umweltsünde Borneos. Um so froher sind wir, als wir gegen halb drei Uhr morgens an einer Straße abgesetzt werden, die direkt zum Orang-Utan-Rehabilitation-Centre führt. Auf halber Strecke liegt unser Hotel. Drei tapfere Wanderer in einem unbekannten, waldreichen Gelände.
Die Luft ist erfüllt vom tausendfachen Summen der Insekten und der Nachthimmel brilliert mit Myriaden Sternen. Chrissie ist begeistert. „Guckt mal. Man kann die Milchstraße erkennen.“ Ich achte lieber darauf, womich hintrete. Aber der Weg ist gut ausgeleuchtet und frei laufende Elefanten gibt es nicht, auf die wir achten müssten. Und sollten uns doch irgendwo rote oder gelbe Augen aus den Büschen beobachten, dann will ich es nicht wissen.
In der Nature Lodge, wie unsere Unterkunft heißt, wartet zu dieser Zeit nur noch der Schlüssel für unser Zimmer auf uns: wie schriftlich abgesprochen auf dem Schreibtisch in einer nach allen Seiten offenen Rezeption. Dann landen wir in einem sauberen Schlafraum mit acht Betten. Noch sind sie alle leer. Emily und Jack kommen frühestens morgen, und wer sonst noch bei uns nächtigen wird, ist offen. Wir belegen die ersten drei unteren Kojen, duschen noch schnell und schlafen nach diesem 20-Stunden-Marathon ein, sobald unsere Köpfe die Kissen berühren. Wovon ich träume, weiß ich am Morgen nicht mehr. Aber Chrissie sagt, sie hätte im Schlaf Orang Utans und Sunbears (in Deutsch : Malaienbären) gestreichelt. Mal sehen, was daraus wird …
6 thoughts on “Flower Power auf Borneo”
Scheisse. Hatte Worte gefunden, die mir auch nach mehrmaligem Lesen gefallen hatten. Eine falsche Bewegung und das Feld war leer.
Daher kurz und knapp (bekomme ich eh nicht mehr so hin): Die Menschen sind es. Ob Ureinwohner oder Reisende/Suchende. Ihre Beweggründe, Sehnsüchte, Träume.. Da alle wissen, dass diese Begegnungen i.d.R. Momentaufnahmen bleiben dürften, wird am Abend nicht überschüssig Unsinn schwadroniert. Ein sich vertrauensvoll Austauschen bedingt wohl dieser vielen Besonderheiten, der Augenblickaufnahme, die viele eurer Geschrächspartner** hier einbringen. Eben Brüder und Schwestern im Geiste, jedoch mit unterschiedlichen Motiven…
Ja. Das fehlt hier bei uns. Im Land der Einzelsitzplätze. Bis auf das WC kann ich gerne von diesem miesen Trend lassen.
Apropos. Morgen ist hier wieder ein katholischer Zwangsfeiertag. Die Gläubigen gucken gläubig und die Priester spielen mit ihren Jünglichen… Fussball oder Poolbilliard.
Noch viele schöne Stunden mit lieben Menschen. Und! Das tolle dürfte sein, dass sich niemand mit extrem viel Feuerwasser die Zunge lockern muss. So werden alle von euch bei diesen Gelegenheiten auch zu Therapeuten und Geheimnisträgern.
Schwimmt nicht so weit raus. Der weisse Hai fühlt sich allerorten heimisch. Und wenn nicht, ähnliche Menschenfresser.
Hm, Marit ist seit 1. Juni in Rente – und was machen wir? Arbeiten… Konzept für neues Buch; Vortrag Uni Göttingen in Kürze, usw.
Aber wir reisen ja dank euch ein bisschen mit…
Alles Gute weiterhin
LG W & M
Das habt Ihr Euch verdient!
Einfach mal nichts tun und das Paradies genießen!
Wir freuen uns mit Euch über Flower Power auf Borneo, diese Auszeit am Strand mit Sonne, Erholung, leckerem Essen, Musik, den außergewöhnlichen Begegnungen und Gesprächen mit so vielen liebenswerten Menschen!
Besonders die christliche Feier am Strand, das Miteinander und so viel positive Gefühle, das alles ist sehr berührend.
Vielen Dank für diesen ganz besonderen Bericht und das Video, das geht ans Herz!
Ihr Lieben,
das freut mich, dass euch die christliche Feier gefallen hat. Für mich war das auch etwas besonderes. Trotzdem auch etwas merkwürdig. Die Leute stammten von den Philippinen und haben einen viel stärkeren und ausgeprägteren Glauben als die deutschen Christen. Ich sehe z.B. bei FB, wie Remedios Freunde Ereignisse und Bilder kommentieren. So viel Hallelujas, God is great und Amens sieht man selten in dieser Häufung.
Ihr lasst aber auch nichts aus: Flower Power auf Borneo, hört sich echt gut an! Und all die netten Begegnungen, die ihr mit tollen Menschen habt, das ist Leben, wie es sein sollte. Was auch ganz super ist, dass ihr ganz flexibel neue Pläne schmiedet. Wir bewundern euch weiterhin und wünschen euch noch viele neue Eindrücke und Erlebnisse.
Ach, bewundern – nicht wirklich nötig, Gitte. Du warst schon auf Tour in Indien, als ich noch nicht wusste, wie man einen Rucksack packt. Aber wenn man schon mal unterwegs ist, sollte man sich nicht in einer verhängten Sänfte durchs Land tragen lassen. Und: Warten wir mal ab, wie ihr beide aufdreht, wenn ihr erst mal richtig in Rente seid!😉