Montag am Vormittag, 18.03.19

Keine 24 Stunden mehr, bis wir das Haus verlassen und in Richtung Flughafen Köln / Bonn düsen. Okay, „düsen“ ist vielleicht übertrieben, denn wir reden von einem Regionalexpress der Deutschen Bahn.

Ein seltsames Gefühl macht sich breit. Seit gestern lauert es im Hintergrund. Manchmal wird mir etwas übel, ohne dass ich genau benennen kann, warum. Im Spiegel blickt mir etwas entgegen, das etwas wahnsinnig wirkt. Dabei liegen wir gut im Plan. Was also stimmt nicht?

Die letzten Tage bestanden aus der Abarbeitung von ToDo-Listen, Abschieden und Vorbereitungen für das Verlassen der Wohnung, Testen der Technik. Sogar im Besitz einer Zeckenkarte sind wir jetzt dank einer besorgten Nachbarin, die hier mitliest. Tja, und nicht zu vergessen, das Geraffel mit der Fluggesellschaft Turkish Airlines.

Reinhard berichtete in seinem letzten Beitrag, dass unser Flug von Jordanien in den Iran ersatzlos gestrichen wurde, weil der Flughafen umzieht. Da man uns keinen zeitnahen Ersatztermin anbieten konnte, musste ich bei einer anderen Airline von einem anderen Abflughafen buchen. Ich musste außerdem die Mietwagenbuchung stornieren und erneuern und unseren Freund in Teheran kontaktieren. Wo andere Fluggesellschaften sich entschuldigen würden, feiert TA sich auf Facebook mit einem Post „The great move is beginning“.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Kommentare der verärgerten Kunden, die ähnliches erleben wie wir, lesen sich jedoch eher wie Grußbotschaften der Apokalyptischen Reiter.

 

 

Was uns betrifft: Turkish Airlines sieht sich nach aktuellem Stand nicht in der Lage, uns das Geld für den von ihnen abgesagten Flug zurückzuzahlen. Denn woher wollen sie wissen, dass die Kreditkarte der Bank X mit der Kartennummer Y, mit der ich bezahlt habe, immer noch mir gehört? Immerhin hat sich das Gültigkeitsdatum geändert.

Ein Foto der Kreditkarte (jetzt mit anderem Gültigkeitsdatum, aber gleicher Nummer), Screenshots der Abbuchung von meinem Konto, Ausweis, etc. reichen nicht aus. Es ist nur zu unserem Besten. Sicherheit geht vor! MUAHAHAAAA! Die Bank muss also ein offizielles Schreiben aufsetzen und das Offensichtliche bestätigen. Das geht natürlich nicht von jetzt auf gleich. Für so ein Schreiben braucht die comdirect Bank ein paar Tage. Gut Ding will eben Weile haben. Ob die 562,30 Euro jemals auf unserem Konto landen werden? Sollten Anwälte dies lesen, dürfen sie uns gern mit einem Kommentar beglücken.

Aber zurück zu diesem Gefühl. Ich sitze am Schreibtisch, gucke aus dem Fenster über grüne Felder, auf der Straße dahinter bewegen sich die Autos in Ameisengröße wie eh und je. Wenn ich an die morgige Abreise denke, fühlt es sich nicht an, als würden wir auf große Reise gehen. Es hat eher was von „Ich geh mal eben zum Supermarkt“.

Und trotzdem will mir meine Psyche wohl irgendwas sagen. Wenn sie nur nicht so ein sauschlechtes Deutsch sprechen würde. Angst vor der Reise? Nee, gewiss nicht. Aber auch die Vorfreude ist gerade nicht fühlbar. Komisch? Wieso? Wer freut sich schon auf einen Aldi-Besuch? 😉

Waren es die vielen Abschiede, die mich unbehaglich fühlen lassen? Die Verfügungen, die wir schrieben, falls wir beide auf Reisen den Tod erleiden? Die Sorge um Daheimgebliebene? Die Angst, bei den Vorbereitungen etwas vergessen zu haben? Oder ist es eine Mischung aus allem?

Ein IT-Kollege sagte in einer Stresssituation mal „Ich singe lust’ge Lieder, der Wahnsinn hat mich wieder!“ Dabei lachte er hysterisch und rollte mit den Augen. Keine Ahnung, warum mir das jetzt einfällt. *hysterischlach*

Aber vielleicht hatte der Kollege Recht. Genau das sollte ich tun. Weiter im Plan, aber ein Liedchen dazu trällern. Denn bei einer Sache bin ich mir sicher: Wenn ich morgen mit Reinhard im Flieder sitze, sieht die Welt ganz anders aus.

Deshalb einen lieben Gruß an alle. Auf Wiedersehen und bis bald dann aus Jordanien!

Und vor allem einen herzlichen Dank an alle, die uns begleiten! So fühlen wir uns nie allein!

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