Ab heute keine dicken Backen mehr
Puh! Was für eine Woche!
Zu meinem letzten Post bin ich euch noch ein Update schuldig. Zu den Top 3 der Dinge, auf die ich vor der Weltreise gern verzichtet hätte! Gestern war ich einfach noch zu paralysiert von den Schrecknissen beim Zahnarzt, um berichten zu können. Na ja, genau genommen, darf ich eigentlich nicht klagen. Immerhin hatte ich nur fast einen Kreislaufkollaps und musste mich auch nur fast ins Waschbecken beim Zahnarzt übergeben. Was will ich mehr?
Aber der Reihe nach:
TOP 3: Steuererklärung –> Läuft. Wenn ich Gas gebe, kann ich dieses Elendsprojekt am Wochenende abschließen.
TOP 2: Das verlorene Handy –> Es lag unter einem Kissen auf einem Schwingsessel bei meinen Eltern. Das gute Xiaomi machte auf sich aufmerksam, indem es die noch angeschlossenen Kopfhörer unten herausbaumeln ließ. Leider konnten mich meine Eltern nicht sofort informieren, weil der alte Festnetzanschluss schon gekündigt war. Auf Handy anzurufen erschien den beiden als zu absurd. Es lag ja bei ihnen, das Handy. Da wäre man ja doof, wenn man sich selbst anruft. Und es wusste niemand, dass meine SIM-Karte noch in meinem alten Samsung Kauknochen steckt und ich darüber erreichbar war und bin. Umso größer war die Wiedersehensfreude beim nächsten Besuch. 🙂
Blieb also nur noch TOP 1: Der Zahn muss raus –> Ich müsste lügen, wenn ich sage, dass ich tapfer war. War ich nicht. Winseltitte trifft es vermutlich besser.
Nicht mal frühstücken konnte ich, so nervös war mein Magen. Vielleicht wurde mir deshalb zwischendurch mal heißkalt und dann schwarz vor Augen. High Noon sollte ich den dentistischen Endgegner treffen. Unser Lieblingsnachbar hatte den Blogeintrag gelesen, mich mitleidig an der Haltestelle eingesammelt und zum Ort des Schreckens gefahren. Das war furchtbar nett, aber dafür musste ich dann in der Praxis allein weiterzittern. 15 Minuten, bis ich an der Reihe war. Meine Zahnärztin erklärte mir alles und meinte sogar, dass ihr das Ziehen von Zähnen Spaß mache. In meinem Kopf war zwar nur noch weißes Rauschen mit Panik-roten Sprenkeln, aber kurz durchzuckte mich ein Gedanke. Spaß? Die Art von Spaß, die Hannibal Lector mit seinen Opfern hatte? Die Erläuterung, in der die Worte „Handwerk“ und „Geschick“ vorkamen, war ich in diesem Moment nicht in der Lage zu verarbeiten.
Betäubung. Warten. Eiskalte klamme Hände. Zweite Spritze in die Innenwange. Magen auf Stufe 1 Drehung für die Vorwäsche. Dann ging es los. Hier ein Kratzen, dann ein Knacken. Magen auf Stufe 2 Hauptwaschgang. Kein Schmerz, aber das widerliche Gefühl, dass etwas gegen seinen Willen aus fleischigem, lebendem und atmendem Boden gezogen wurde. Kalter Schweiß am ganzen Körper. Schleudergang. Dann war der Zahn draußen. Ein Wattebausch wanderte in meinen Mund. Ein Wäschestück zu viel für die alte Miele.
Die Zahnärztin, die nicht nur Spaß an ihrem Job hat, sondern auch über eine schnelle Auffassungsgabe verfügt, bemerkte es sofort. Watte raus, Patienten trocken würgen und dann atmen lassen. Bausch wieder rein und möglichst weit an die Wange drücken. Geschafft. Das Ziehen hatte vielleicht 30 Sekunden gedauert. Ein kurzer Spaß für meine Zahnärztin. Hannibal Lector hätte sich damit wohl nicht zufrieden gegeben. Und ich musste trotz meiner Zittrigkeit anerkennen, dass sie einen guten Job gemacht hat.
Ab heute, das habe ich mir fest vorgenommen, mache ich keine dicken Backen mehr. Jetzt soll der Spaß für uns beginnen. Die Vorfreude. Die schönen Dinge der Vorbereitung.
Beim nächsten Mal dürft ihr dabei sein, wenn wir probepacken. Wir sind gespannt, wie viel wir aus unserer geplanten Packliste rausschmeißen müssen, um die kritische 8-kg-Marke nicht zu überschreiten. Vielleicht zeigt Reinhard euch dann auch seine neue Badehose. Die kauft er nämlich gerade. Ganz allein. Auch ich bin gespannt, ob es das gleiche rote Modell ist, dass er in den 90ern beim Schulausflug auf Rügen trug.
Lassen wir uns mal gemeinsam überraschen. 😉
5 thoughts on “Ab heute keine dicken Backen mehr”
Klasse! Du kannst einfach schreiben, da macht es Spaß nachzulesen:)
Haha, danke! Das war einer der Artikel, bei denen ich am wenigsten überlegen musste. Einfach nur ein Erinnerungsprotokoll. 😅
Lies mal „mit Hatschi zum Hakim“. Da dürftest du auch Spaß haben. Und falls du mal ein ganzes Buch von uns lesen möchtest … „Datengrab“ und „Seelenamt“. Sind beide beim Grafit Verlag erschienen.
Hach diese rote Badehose hat mich damals fast traumatisiert, das Foto habe ich aber zur Abschreckung noch aufgehoben. Damals gabs nur Papier, klingt komisch…
Lieber Sebastian,
ich glaube, das ist das EINE Foto der Klassenfahrt, das von wirklich ALLEN nachbestellt wurde. 😅
Hallo, Sebastian, hätte dich eine grüne oder blaue Badehose weniger erschreckt? – Hoffe, dass du inzwischen wieder ohne böse Träume schlafen kannst! 😉 Reinhard